Nonsens: Der "amerikanische" Ring ging bei der Eröffnungsfeier nicht an

Als Journalist neigt man natürlich zu hübschen Pointen, und es klingt auch zu schön: Als sich bei der Eröffnungsfeier am Stadionhimmel aus fünf gigantischen leuchtenden Schneeflocken die Olympischen Ringe formen sollten, ging ein Ring nicht auf. Ausgerechnet der rote, der doch für Amerika stehe. So glaubten viele (soziale) Medien. Hatte Putin ihn boshaft ausgeknippst?

Unsinn. Der linke Ring steht gar nicht für Amerika. Pierre de Coubertin verwendete das von ihm entworfene Emblem, heutzutage eine der bekanntesten Marken der Welt, im Jahr 1913. Seine Farbentheorie für die fünf Ringen vor weißem Hintergrund beschrieb er wie folgt:
"Die sechs miteinander kombinierten Farben repräsentieren die Farben aller Nationen, ohne Ausnahme. Das Blau und Gelb von Schweden, das Blau und Weiß von Griechenland, die Trikoloren von Frankreich, England und Amerika, Deutschland, Belgien, Italien, Ungarn, das Gelb und Rot von Spanien neben den Neuerscheinungen von Brasilien oder Australien, samt dem alten Japan und dem neuen China. Dies ist wahrlich ein internationales Symbol."
Später, 1931, hat Coubertin seinen eigenen Entwurf noch mit einer zusätzlichen Deutung versehen:
This design is symbolic; it represents the five continents of the world, united by Olympism, while the six colours are those that appear on all the national flags of the world at the present time.
Man darf also feststellen: Einen farblich dem amerikanischen Kontinent zugeordneten Ring hat Coubertin nie im Sinn gehabt. Womit die Pointe leider futsch wäre. Auch das russische Fernsehen wollte die Amputation der Ringe nicht zulassen: Es zeigte seinem Publikum Bilder von der Generalprobe mit allen fünf Ringen, um die peinliche Panne zu korrigieren.
Zuletzt bearbeitet 08.02.2014 12:31 Uhr