Moderner Fünfkampf: Wer sich nicht verändert ...

Olympische Quizzfragen werden ja gerne gestellt, hier ist also eine: In welcher Sportart ist ein Athlet an der Universität seine Abschlussarbeit über das Regelwerk verfasst, bevor er Olympiasieger wurde? Die Antwort lautet: im Modernen Fünfkampf. Der Athlet ist der Tscheche David Svoboda.

Die Sportart hat sich in den letzten Jahren so stark und stetig gewandelt, dass die Regeländerungen tatsächlich eine Wissenschaft für sich sind. Vor Atlanta 1996 wurde der Wettbewerb auf einen Tag zusammengestrichen. Nach Peking 2008 wurden zwei Wettbewerbe (Schießen und Laufen) zusammengelegt, so dass der Fünfkampf nur noch aus vier messbaren Einzelleistungen besteht: Fechten, Schwimmen, Reiten und einer Biathlon-artigen Kombination aus Laufen und Schießen.
“This is totally different,” Svoboda said. “Now it’s all much faster and you don’t need to be close to the ‘10’. You just have to hit the target and be fast. It’s mentally very hard. I was trying to calm myself, steady my mind and focus on my shooting.”Associated Press
Geschossen wird seit 2011 nicht mehr mit Luftpistole und Projektil, sondern ganz futuristisch per Laserstrahl.
Das neue Sportgerät, mit dem die Mehrkämpfer seit zwei Jahren schießen, gilt nicht als Waffe. Lästige Gepäckkontrollen auf Flughäfen und die penible Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen am Schießstand entfallen. Die Zuschauer können den Wettbewerb ähnlich wie Biathlon gut verfolgen. Trifft der Laserstrahl ins Schwarze, leuchtet es auf der Anzeigetafel auf. Dreimal kommen die modernen Athleten während des Geländelaufs an den Schießstand. Dort müssen sie mit der Laserpistole fünf Schüsse aus zehn Meter Entfernung treffen. Dafür haben sie 70 Sekunden Zeit. Auf einem Laptop, der neben ihnen steht, können die Sportler das Trefferbild genau betrachten.dpa
Das Prinzip Veränderung ist eine Reaktion darauf, dass die von keinem geringeren als Pierre de Coubertin erfundene und 1912 in Stockholm eingeführte Hybrid-Sportart auf der Abschussliste steht. Hinter der Flucht nach vorne steht der Darmstädter Klaus Schormann, seit 2008 Präsident des Weltverbandes UIPM und vermutlich der größte Fan seiner eigenen Sportart.
"It is a very compact sport now. I think Coubertin would be very proud," Schormann said. "The sport is the most modern in the Olympics with all the technology we have, with laser shooting at electronic targets."Reuters
Schormann hat es zwar nicht geschafft, IOC-Mitglied zu werden. Aber er hat den Modernen Fünfkampf 100 Jahre im Programm gehalten und ein drohendes Ausschluss-Votum der IOC-Session 2005 überstanden. Dabei konnte er unter den IOC-Mitgliedern auf Unterstützer wie Juan Antonio Samaranch jr. und Thomas Bach zählen.

Allerdings haben die Gegner des Modernen Fünfkampf gewichtige Argumente. Schon 2002 legte die IOC-Programmkommission den Finger in die Wunde:
  • Weltweit zur geringe Teilnahme von Athleten und Ländern
  • Die Ausübung ist teuer
  • Hochkomplexe Wettkampf-Durchführung
  • Relativ geringe Fernseh- und Presse-Resonanz
Gar nicht erwähnt sind hier weitere Ärgernisse: Die Abhängigkeit von zugelosten Pferden, der stetige Wandel, der zwangsläufig auf Kosten der Athleten und der Vergleichbarkeit ihrer Leistungen geht. Der Prager Svoboda war 2008 Weltrekordler, doch seine 5896 Punkte sind aus der Zeit gefallen. Und dann wäre da noch der Triathlon. Noch eine Hybrid-Sportart. Aber eine trendige.

Doch Schormanns Reformen gehen weiter. 2016 in Rio sollen alle Wettbewerbe nur noch an einem Ort stattfinden. Das soll den Pentathlon noch kompakter und fürs Fernsehen attraktiver machen. Und vielleicht wählt die New York Times dann eine andere Headline als in London:
In Modern Pentathlon, a Day of MadnessMary Pilon, NYT
Das Damoklesschwert, das 2012 noch über den Pentathleten hing, ist 2013 jedenfalls verschwunden: Die IOC-Exekutive beschloss, den Modernen Fünfkampf nicht auszuschließen aus dem Kreis der 25 Sommer-Kernsportarten. Statt dessen mussten die Ringer dran glauben.
Zuletzt bearbeitet 16.08.2012 14:27 Uhr