IOC-Exekutive schultert olympisches Ringen

Die IOC-Exekutive hat am 12. Februar in Lausanne 25 Sportarten ausgewählt, die als Kernsportarten ("core sports") für die Olympischen Spiele 2020 gelten dürfen. Es sind dies:
Leichtathletik, Rudern, Badminton, Basketball, Bogenschießen, Boxen, Fechten, Fußball, Turnen, Gewichtheben, Handball, Hockey, Judo, Kanu, Moderner Fünfkampf, Radsport, Reitsport, Schießen, Schwimmsport, Segeln, Taekwondo, Tennis, Tischtennis, Triathlon und Volleyball
In dieser Liste ist der Moderne Fünfkampf, von Baron de Coubertin 1912 eingeführt, weiterhin vertreten; der Ringkampf, schon Bestandteil der antiken Olympischen Spiele und seit 1896 bei den Spielen der Neuzeit dabei, nicht. Es ist ein Votum für die Renovierung des an den Grenzen der Kapazität befindlichen Sommer-Programms und gegen die Tradition.

Natürlich, die Ringer sind noch nicht gänzlich verloren; sie müssen sich nun mit sieben weiteren Kandidaten-Sportarten um einen Platz als Zusatz-Sportart ("additional sport") bemühen. Ringen steht damit in einer bunten Liga mit den 2005 geschassten Baseball/Softball sowie Karate, Rollsport, Sportklettern, Squash, Wakeboarding und Wushu, einer aus China stammenden Kampfsportart. Die Exekutive will auf Ihrer nächsten Sitzung in St. Petersburg im Mai entscheiden, wen von diesen Aspiranten sie der Vollversammlung ("Session") im September in Buenos Aires zur Aufnahme ins Programm für 2020 vorschlägt. Dort wird auch der Gastgeber dieser Olympischen Spiele gewählt.

Logistischer Befreiungsschlag
Olympia ohne Ringen - das wäre für die Organisatoren künftiger Spiele ein Befreiungsschlag: In London 2012 rangen an acht Tagen Männer in zwei Stilarten mit jeweils sieben Gewichtsklassen und Frauen in einer Stilart in vier Gewichtsklassen: insgesamt 265 Männer und 76 Frauen.

Zum Vergleich: Der ebenfalls ums olympische Überleben kämpfende Moderne Fünfkampf wird 2016 in Rio erstmals nicht nur an einem Tag, sondern auch an einem Ort durchgeführt. Die Pentathleten hatten in London nur jeweils 35 Athletinnen und Athleten am Start. Abgesehen von diesen logistischen Vorteilen hat der deutsche Weltverbandspräsident Klaus Schormann beim Werben um die Gunst der Olympier auch die Traditions-Karte namens Coubertin ausgespielt.

Kriterien und Bewertungen
Dass der Moderne Fünfkampf nur eine synthetische Sportart wie der - allerdings erheblich trendigere Triathlon - ist, hat dem ureigenständigen Ringkampf wiederum nichts genutzt. Dafür verteilte ein Evaluierungsbericht der Programmkommission etliche niedrige Propularitäts-Werte:
According to IOC documents obtained by the AP, wrestling ranked "low" in several of the technical criteria, including popularity with the public at the London Games — just below 5 on a scale of 10. [...] Wrestling also ranked "low" in global TV audience with a maximum of 58.5 million viewers and an average of 23 million, the documents show. Internet hits and press coverage were also ranked as low. [...] Modern pentathlon also ranked low in general popularity in London, with 5.2 out of 10. The sport also ranked low in all TV categories, with maximum viewership of 33.5 million and an average of 12.5 million.Associated Press
Bei Obwohl das IOC bei seinen Evaluationen objektive Kriterien für die Bewertung von Sportarten angesetzt hat, bleibt deren Gewichtung am Ende doch Ermessenssache eines kleinen Gremiums, der IOC-Exekutive, die ein heterogenes Abstimmungsverhalten an den Tag legte.
The 15-member executive board needed four rounds of voting to decide on wrestling with pentathlon, hockey, canoeing and taekwondo also getting votes to be dropped from the Games ... "I am very surprised by the result," board member and president of the International ice hockey federation Rene Fasel told Reuters. "Personally, I do not know why but that is what the majority wanted."Reuters
Und die Zukunft des Ringens? Ohne die Beteiligung am olympischen Marketing-Programm fehlen dem Weltverband FILA zwei Millionen Euro jährlich. In Deutschland hängt Ringen am öffentlichen Förder-Tropf für olympische Sportarten und leidet auch so schon unter Nachwuchs-Problemen. Die meisten olympischen Ringer-Medaillen werden von Angehörigen ex-sowjetischer Bergvölker gewonnen. Trotzdem wäre es ungerecht zu behaupten, dass nur noch im Kaukasus und an US-Unis richtig gerungen wird. In London mischten auch Asiaten (Japan, Südkorea) ganz vorne mit; unter den Medaillengewinnern waren Aktive aus 29 Ländern.

Der Weltverband will nun schnell über die nächsten Schritte beraten. Noch ist nicht alles verloren, eine Hoffnungsrunde gibt es für den Ringkampf.
Zuletzt bearbeitet 13.02.2013 14:23 Uhr