389 Athleten unter dem Motto "Wir für Deutschland"

Thomas Bach: London ist bereit, Deutsche Olympiamannschaft ist bereit

Unter dem Motto “Wir für Deutschland” wird die Deutsche Olympiamannschaft mit höchstwahrscheinlich 389 Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen in London (27. Juli bis 12. August) an den Start gehen. Hinzu kommen 16 sogenannte Alternate Athletes. Diese Zahl nannte der Sportdachverband DOSB nach der dritten und abschließenden Nominierungsrunde am Mittwoch in Frankfurt/Main. Die Athletinnen und Athleten werden aus 23 der 26 Sommersportarten (-verbände) kommen. Voraussichtlich 279 Betreuerinnen und Betreuern, darunter Trainer, Offizielle, Ärzte, Physiotherapeuten und Psychologen begleiten sie.

23 Tage vor der Eröffnungsfeier sind die maximal 13 Reiterinnen und Reiter (fünf Vielseitigkeit, vier Dressur und vier Springen) sowie maximal zwölf Hallen-Volleyballer noch nicht nominiert. Diese Berufung wird die dafür bestimmte Präsidialkommission am Sonntagabend nach Abschluss des CHIO in Aachen und nach Vorlage der Vorschlagsliste der Volleyballer vorgenommen. Außerdem haben auch Leichtathleten der Disziplinen 800 m, 1500 m, 5000 m und 3000 m Hindernis noch die Chance, ihre Norm bis zum 6. Juli (Freitag) zu erfüllen.

“London ist bereit, und die Deutsche Olympiamannschaft ist ebenfalls bereit. Wir fahren voller Optimismus in die britische Hauptstadt, um im härtesten Wettstreit der Olympia-Geschichte unseren Platz in der Weltspitze zu verteidigen, mit sympathischen und erfolgsversprechenden Athletinnen und Athleten”, sagte Thomas Bach, 1976 in Montreal Olympiasieger im Fechten und heute Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), bei der Bekanntgabe der Nominierungsentscheidung in Frankfurt. “Dabei kommt dem Teamgedanken eine besondere Rolle zu. Unser Motto ‘Wir für Deutschland’ bringt dies treffend auf den Punkt. Es zeigt einerseits, dass sich die Athleten der Olympiamannschaft auch immer als Botschafter unseres Heimatlandes verstehen, und es drückt andererseits aus, dass die sportbegeisterten Deutschen hinter ihrer Olympiamannschaft stehen.” Allein 70.000 Eintrittskarten wurden über den langjährigen DOSB-Partner Dertour in Deutschland verkauft – so viele wie nie zuvor in Deutschland. Insgesamt gab es für die Spiele in London 8,8 Millionen Tickets. Sie sind ausverkauft.

“In unserer Mannschaft haben wir eine gesunde Mischung aus jungen, erfolgshungrigen Sportlern und Routiniers, die mit ihrer Erfahrung den Olympia-Debütanten helfen werden”, meinte Michael Vesper, DOSB-Generaldirektor und in London Chef de Mission. “Im Team stehen 21 Athletinnen und Athleten, die in Peking bereits Goldmedaillen gewannen. Hinzu können noch weitere Peking-Olympiasieger im Reiten kommen. Und obwohl wir dieses Mal mit 389 Sportlern das kleinste Team seit der Wiedervereinigung stellen, ist es nicht weniger leistungsstark als die Olympiamannschaft von Peking. Ich freue mich darauf, möglichst oft die deutsche Nationalhymne zu hören. Allerdings zählen nicht nur die Medaillen. Wir wünschen uns von den Sportlern vor allem, dass sie ihre Bestleistungen erbringen. Dann kommen die Erfolge und Medaillen automatisch.”

Der DOSB vertraue darauf, dass die deutschen Athletinnen und Athleten für einen sauberen Sport ohne Doping und Manipulation eintreten, hob Thomas Bach hervor: “Wir wollen keinen schmutzigen Lorbeer und keinen Erfolg um jeden Preis.” Für den Fall eines Dopingvergehens sind zusätzliche Sanktionen vorgesehen, wie Michael Vesper erklärte: “Dann wird der DOSB die Entsendungskosten von den Betroffenen zurückfordern.”

Unter den bislang 380 namentlich Nominierten sind 173 Frauen und 207 Männer. Darunter sind auch 16 Alternate Athletes (sechs Frauen / zehn Männer), die zwar in London vor Ort akkreditiert sind, jedoch nicht im Olympischen Dorf wohnen und nur im Austausch mit einem anderen Sportler in den Wettkämpfen eingesetzt werden können.

Als Olympiasieger von Peking sind in London sicher dabei (Reiter stehen noch nicht namentlich fest): die Fechter Britta Heidemann (Leverkusen) und Benjamin Kleibrink (Tauberbischofsheim), Judoka Ole Bischof (Reutlingen), Britta Steffen (Berlin), die Doppel-Goldgewinnerin im Schwimmen, die Kanuten Martin Hollstein (Neubrandenburg) und Andreas Ihle (Magdeburg/Zweier Kajak 1000 m), Kanutin Katrin Wagner-Augustin (Potsdam/Vierer Kajak 500 m), die Moderne Fünfkämpferin Lena Schöneborn, Mountainbikerin Sabine Spitz (Murg), der Triathlet Jan Frodeno, der Gewichtheber Matthias Steiner (Chemnitz) sowie die Hockeyspieler Moritz Fürste, Tobias Hauke, Oliver Korn (alle Hamburg), Maximilian Müller (Nürnberg), Johannes-Maximilian Weinhold, Benjamin Weß, Timo Weß, Christopher Zeller, Philipp Zeller (alle Köln) und Matthias Witthaus (Mannheim).

Vor vier Jahren hatte die Mannschaft mit insgesamt 41 Medaillen, darunter 16 Goldmedaillen (zehn Silber, 15 Bronze), hinter China, den USA, Russland und Großbritannien im Medaillenspiegel Platz fünf belegt. Insgesamt waren damals 440 Athletinnen und Athleten nominiert (195 Frauen / 245 Männer), nach 449 Sportlern 2004 in Athen (195 Frauen / 254 Männer).

Nominiert für den Mountainbike-Wettbewerb wurde auch Bahnsprinter Robert Förstemann (Gera), nachdem kein dritter Mountainbike-Fahrer die Olympianorm erfüllt hat, es auf der Bahn jedoch mehr qualifizierte Athleten als Startplätze gibt. Förstemann war bislang nur als Alternate Athlete im Bereich Bahn Kurzzeit vorgesehen und kann über die Nominierung für den Mountainbike-Wettbewerb auch auf der Bahn starten (die Bahn-Wettbewerbe finden am Anfang der Spiele statt, während die MTB-Wettbewerbe an den letzten beiden Tagen vorgesehen sind). Dies hat der Radsport-Weltverband UCI auf Rückfrage bestätigt und wird in anderen Ländern ebenfalls praktiziert.

Jüngste im deutschen Team ist voraussichtlich Kunstturnerin Janine Berger (Ulm, Jahrgang 1996). Die meisten Olympiamedaillen haben mit insgesamt fünf Medaillen von den Nominierten bislang Kanutin Katrin Wagner-Augustin (Potsdam) mit viermal Gold und einmal Bronze sowie Schütze Ralf Schumann (Suhl) mit dreimal Gold und zweimal Silber gewonnen. Für Schumann werden es in London die siebten Olympischen Spiele sein. Er ist damit der Athlet mit den meisten Teilnahmen innerhalb der Deutschen Olympiamannschaft.

Die erfolgreichsten deutschen Sportarten der Olympiageschichte sind Leichtathletik (69 Gold / 88 Silber / 94 Bronze), Rudern (60 / 27 / 29) und Schwimmen (55 / 60 / 71). Einzige in London besetzte Sportart, in der Deutschland zuvor noch nie Olympiamedaillen gewonnen hat, ist Badminton. Erstmals ist Deutschland im BMX-Fahren vertreten (zählt zur Sportart Radsport), nachdem das Event vor vier Jahren seine Olympiapremiere erlebt hatte. Sein Olympiadebüt gibt in London das Frauen-Boxen. Insgesamt stehen 302 Medaillenentscheidungen an.

Alle nominierten deutschen Sportlerinnen und Sportler mussten vor ihrer Berufung in die Olympiamannschaft die vom DOSB-Präsidium verabschiedete Athletenvereinbarung unterzeichnen. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) prüfte zudem, ob sie in jüngster Vergangenheit gegen Dopingbestimmungen verstoßen haben. Im Vorfeld der Spiele werden alle Mannschaftsmitglieder darüber hinaus zusätzlich noch einmal unangekündigt von der NADA getestet.

Als erste größere Gruppen fliegen Wildwasserkanuten und Segler am 16. Juli nach London und beziehen das Olympische Dorf am Eröffnungstag (Segler die Außenstelle in Weymouth). Größere Gruppen fliegen am Sonntag, 22. Juli, (Wasserspringen, Hockey-Frauen und Turn-Männer) sowie am Montag, 23. Juli, (Vielseitigkeitsreiten, Rudern, Bahnradsport, Hockey-Männer, Gewichtheben). Mit auf den Weg zu den Spielen nimmt die Mannschaft insgesamt rund 50 Tonnen Gepäck, das von DOSB-Partner DB Schenker transportiert wird. Jeder Athlet hat 65 Ausrüstungsgegenstände, darunter Kleidung, Schuhe, Taschen und Accessoires von Generalausrüster adidas sowie den Ausstattern Bogner und Sioux, erhalten.

Trainer und Betreuer hatten vorab eine Ehren- und Verpflichtungserklärung abzugeben und zu unterschreiben, dass sie “zu keinem Zeitpunkt Sportlerinnen und Sportlern Substanzen weitergegeben, zugänglich gemacht, rezeptiert oder appliziert oder Methoden angewandt” haben, “die gegen die jeweils gültigen nationalen oder internationalen Anti-Doping-Bestimmungen verstießen”. Sieben Personen kreuzten in der Erklärung an, dass gegen sie geäußerte Verdachtsmomente bereits Gegenstand einer Untersuchung waren. Die vom DOSB-Präsidium eingesetzte und vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Udo Steiner geleitete unabhängige Kommission zur Überprüfung von Trainern/-innen mit Dopingvergangenheit kam nach sorgfältiger Prüfung dieser Fälle zum Schluss, dass keine Bedenken gegen eine Nominierung bestehen.

Auch das von Prof. Hansjörg Geiger geleitete Unabhängige Gremium zur Klärung von Stasi-Fragen hat das Präsidium wieder sachkundig beraten. Alle Trainerinnen und Trainer sowie leitenden Funktionäre wurden der Stasi-Unterlagenbehörde zur Prüfung vorgelegt. In 13 Fällen lagen dort Akten vor, die daraufhin vom Unabhängigen Gremium des DOSB untersucht worden sind. In acht Fällen sah die Kommission von einer Befragung ab. Fünf Personen wurden zum Gespräch gebeten. In allen fünf Fällen kam die Kommission zum Schluss, dass keine Bedenken gegen eine Nominierung bestehen. Drei Betreuer aus dieser Gruppe wurden daraufhin nominiert, die beiden anderen waren aus sportfachlichen Gründen nicht mehr auf der Vorschlagsliste der Verbände.

Mit dem Abschluss der Nominierung wird auch die virtuelle Heimat der Deutschen Olympiamannschaft im Internet komplettiert. Alle nominierten Sportlerinnen und Sportler werden auf der Seite www.deutsche-olympiamannschaft.de mit eigenen Profilen dargestellt. Außerdem wird auf der Plattform die Kommunikation der Athleten und Verbände in sozialen Netzwerken in einem Social-Media-Stream gebündelt. Darüber hinaus gibt es die Olympiamannschaft mit dem Stream auch auf Facebook unter www.facebook.com/olympiamannschaft. Getwittert wird mit dem offiziellen Hashtag #WirfuerD.

Schon vor den Spielen hat auch die Planung der Willkommensfeier für das Team begonnen. Am Mittwoch, 15. August, wird die Mannschaft auf dem Traumschiff Deutschland in den Hamburger Hafen einlaufen und dort hoffentlich von vielen Tausend Menschen gefeiert, wie nach den Winterspielen 2010 auf dem Marienplatz in München. Schon jetzt ist das Interesse der Athletinnen und Athleten an der Überfahrt und der Willkommensfeier groß. „Wir freuen uns darauf, mit möglichst vielen Athleten an Bord im Hamburger Hafen einzulaufen. Nach den Anstrengungen der Wettkämpfe wird dieses Erlebnis nochmal ein emotionaler Höhepunkt sein“, sagte Michael Vesper.

Quelle: DOSB-Presse